S-100 1:100

Schon wieder ein S-100?

Ach Gott, wie originell, ein S-100. Wie spannend!

Ja, tatsächlich ist seit des Erscheinens des hervorragenden Revell-Bausatzes im Maßstab 1:72 ein solches Modell nicht wirklich originell. Es gibt hunderte von RC-Umbauten dieses Bausatzes, mal bessere mal weniger gelungene. Auch ich habe hier zwei davon im Angebot. Und seit dem ebenfalls sehr guten Italeri Bausatz in 1:35 gibt es auch einige sehr gelungene "Wuchtbrummer".

Das hier ist aber etwas Besonderes. Es ist im Maßstab 1:100. Nicht nur wünschte ich mir ein Modell meiner "Lieblingsboote" in meinem "Flotten-Maßstab" 1:100. Auch sollte es eine extrem passende Ergänzung zu meinem Schnellbootbegleitschiff Carl Peters sein. Die Realisierung war nicht so ganz einfach, mehr siehe "Modell".

Das Vorbild

Schnellboote waren eine Anzahl verschiedener in den 1920er bis 1940er Jahren in Deutschland entwickelter kleiner Kriegsschiffe. Die Bezeichnung Schnellboot wurde erst mit den Bauserien ab 1930 als sogenanntes S-Boot eingeführt. Diese Boote erhielten auch die Baubezeichnung Motor-Torpedoboot.

Das Schnellboot S-100 war eigentlich ein Boot des Typs S 38, welches mit einem gepanzerten Ruderhaus (Panzerkalotte) versehen war (erstmals bei S 67 eingebaut und ab S-100 Standard und prägend für das Erscheinungsbild) . Das Boot war mit vier Torpedos für zwei Rohre, einer 2cm Flak versenkt auf der Back, einer 2cm Doppelflak mittschiffs und einer 4cm Flak achtern für seine Größe sehr gut bewaffnet. Minenschienen ermöglichten das Werfen von Ankertauminen, wovon im Kanal vor der englischen Küste auch reichlich und erfolgreich Gebrauch gemacht wurde. Selbst Wasserbomben konnten geworfen werden, dafür mussten allerdings die Ersatztorpedos aufgegeben werden. Die nachfolgenden Boote des Typs wurden mit unterschiedlichen Bewaffnungsvariationen, darunter 3,7cm Flak und/oder 2cm Vierling ausgerüstet, je nachdem was grade verfügbar war.

Ein prägendes Merkmal der deutschen Schnellboote war ihre hohe Geschwindigkeit, die neben der schnittigen Rumpfform und den starken Motoren auch durch die sogenannten "Lürssen-Ruder" (Stauruder) erzielt wurden. Zwei kleine Ruder am Heck wurden bei hoher Fahrt ab ca. 25 Knoten nach außen gestellt. Damit wurde der Heckstrom der äußeren beiden Schrauben mehr nach außen und unten gelenkt. Das Heck sank weniger tief ein, was den Wasserwiderstand deutlich reduzierte. Verschiedenen Quellen zufolge konnte allein durch das Anstellen der Lürssen-Ruder die Geschwindigkeit um etwa 2 Knoten bei gleicher Maschinenleistung erzielt werden, zuweilen werden sogar 4 Knoten genannt. Außerdem verringerte sich die Hecksee erheblich und die Rumpfgeschwindigkeit verbesserte sich, so dass auch die Höchstgeschwindigkeit erheblich zunahm.

Das Modell

Während es im Maßstab 1:72 und 1:35 hervorragende Plastikbausätze am Markt gibt sucht man RC geeignete Modelle in 1:100 auch bei Nischenherstellern weltweit vergeblich. Dennoch suchte ich schon seit einigen Jahren nach Möglichkeiten, trotzdem als Ergänzung zur "Carl Peters" und weil die Vorbilder sehr gelungene Vertreter ihrer Art sind an ein Modell in 1:100 zu kommen. Der Kompletteigenbau schied für mich aus - wenn man seine Grenzen kennt weiß man wovon man besser die Finger lässt.

Durch Zufall stieß ich vor einigen Jahren bei einem Onlineauktionshaus, das mit e anfängt und mit bay aufhört, auf ein Einzelstück eines Resinbausatzes. Na ja, mehr oder weniger Bausatz. Eher ein Rumpf und eine Auswahl von Einzelteilen. Alle in Resin gegossen und seeeehr mächtig. Für ein Standmodell wäre es eine Basis gewesen, für ein RC Modell aber nicht. Viel zu viel abzufräsen und trotzdem noch viel zu schwer. Der Karton verschwand also für Jahre im Schrank.

Dann bekam ich vor einigen Jahren Kontakt zu Renderlion (gibts leider nicht mehr), die eigens für mich das S-100 im 3D-Druck Verfahren realisierte. Mehr oder weniger jedenfalls. Denn die Drucktechnik (Filamentdruck) kam bei dem filigranen Modell gewaltig an ihre Grenzen. Wenigstens der Rumpf war, nachdem er mühevoll abgedichtet, gespachtelt und geschliffen war, einigermaßen brauchbar. das meiste andere Material jedoch leider nicht. Also wanderte auch dieser Bausatz im Schrank.

Und dann kam der Moment, an dem die "Carl Peters" fertig wurde. Und jetzt fehlte wirklich mindestens ein S-Boot, das zu begleiten war. Also wurden die beiden Baukästen aus der Versenkung geholt und auf Umsetzbarkeit untersucht. Und so entstand der Entschluss, die brauchbaren Teile der beiden Bausätze zusammenzustellen und mit Teilen aus der Bitsbox zu ergänzen:

Rumpf, Deck, Kalotte, Brücke, Nebeltonnen, Geländer, vorderer Flakstand, diverse Grätings und Kleinteile wurden vom 3D-Druck Modell genommen.
Aufbauten, Motoraufbauten, Torpedos, einzelne Deckskisten und Kleinteile stammen vom Resinmodell.
Geschütze, Relings, Rettungsinsel, Schlauchboot, einzelne Munkisten stammen von Lassek
Aus der Bitsbox sind Poller, Rettungsringe und Anker entnommen.
Antennen und Flaggenstock sind Eigenbau (siehe Bild oben). Die Flagge wird übrigens noch ersetzt, sie ist zu groß und das unsägliche Symbol in der Mitte muss entfernt werden.

Ausgestattet wurde das Boot mit Antrieb (7,4v Lipo Akku, Stevenrohr und Welle aus Stahl, Messingschraube, Graupnerempfänger, Fahrtregler von CTI und Mikroservo. Die zweite und dritte Schraube sowie die Stauruder wurden nicht angebracht, sie hätten ganz sicher nicht lange gehalten. Das achtere Deck ist komplett abnehmbar, um an die Technik zu gelangen. gehalten wird es vorne mit einer Klemme und hinten mit Neodym-Magneten.

Das Ergebnis ist eine sehr schöne Ergänzung zum Begleitschiff (für Bilder wird besseres Wetter benötigt). Seine nicht perfekte Herkunft ist dem Modell zum Teil anzusehen, auf dem Wasser macht es aber ein sehr schönes Bild.

Das Boot vor der Lackierung.

Man erkennt sehr gut die verschiedenen Komponenten

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